Sargfabrik 1230

In Zusammenarbeit mit SORAVIA hat sich CMb.industries 2017 um die ehemalige Fabrik zur Sargerzeugung im 23. Bezirk beworben und den Zuschlag des Wohnfonds Wien erhalten. Im Zuge dessen wurde ein Nutzungskonzept erarbeitet, ein Architekturwettbewerb ausgeschrieben und durchgeführt sowie interimsmäßig die Geschäftsführung übernommen. Spatenstich für den Zubau erfolgte im Jänner 2023.

Auszüge aus dem Konzept

Liesing blüht. In Mitten neuer Wohnquartiere, Schulen und Kindergärten liegt eine stille Zeugin längst vergangener Tage: die ehemalige Sargfabrik. Höchste Zeit auch ihre Stellung weg vom Tod, hin zum Leben zu wenden. Von 1968 bis 2013 wurden in der ehemaligen Maschinenkisten- und Holzwarenfabrik in der Breitenfurter Straße Särge gefertigt. Nach ihrer Schließung blieben nur wenige Teile in Verwendung. Als Zwischennutzung wurden freie Flächen für Kulturveranstaltungen genutzt. Das denkmalgeschützte Gebäude umfasst Büro- und Lagerflächen, ehemalige Dienstwohnungen und Produktionshallen sowie einen Wasserturm und verfügt über eine derzeitige Nutzfläche von insgesamt ca. 4.000m2. Diese wird nun sorgfältig im Einklang mit dem Denkmalschutz revitalisiert.

Mittlerweile wissen wir um den kulturellen Reichtum, das historische Erbe, die Bedeutung von Kreativquartieren für Städte und Regionen Europas Bescheid – es ist eine große Verantwortung, die damit einhergeht. Es ist das Gebot der Stunde, sich auf diese ureigenen Stärken zu berufen, ihren Stellenwert zu fördern und Allianzen zu schmieden, um ihre Kultivierung mit empathischer Energie und intellektuellem Pioniergeist voranzu¬treiben. Es geht also nicht um die Verteilung eines Kreativ-Kuchens, sondern um die Erschaffung einer ‚Konditorei‘, die neue Kuchen kreiert. Aus Sicht der Tabakfabrik Linz und der Creative Industries kann ich sagen, dass die Vernetzung das zentrale Thema unserer Zeit ist. Schon früher wussten Handwerksleute, dass Vernetzung ihre Reife steigert – so gingen die Zimmerleute auf Walz und die Dombauer auf Tippelei, um Meisterqualität zu erlangen und sich auszutauschen. Diese Vernetzung müssen wir in die heutige Zeit transferieren. Und so ist es unser Auftrag, Brownfield-Areale als Punkte eines neuronalen Netzes miteinander zu verbinden.

Dabei gilt: Kultur- und Kunstförderung ist zugleich auch Wirtschaftsförderung. Längst zählt das kulturelle Umfeld einer Region als entscheidender Standortfaktor für die Ansiedlung von Unternehmen. Nun erkennen Länder und Kommunen zunehmend die Bedeutung kreativer Unternehmen und richten Anlaufstellen für die Förderung der Branche ein. Das Innovationspotenzial ist nicht nur innerhalb der Kreativwirtschaft sehr hoch, sondern wirkt auch als Treiber innovativer Produkte und Dienstleistungen in anderen Branchen. Die Kreativwirtschaft wird damit zur Multiplikatorin für Wertschöpfung, Wachstum und Beschäftigung und leistet darüber hinaus einen wesentlichen Beitrag zur Schaffung zukunftsfähiger Arbeitsplätze – vor allem im Bereich der Klein- und Mittelbetriebe –, zur Erhöhung der Attraktivität von Städten und Regionen als Wirtschaftsstandort und zur Stärkung regionaler Innovationssysteme. Bei der Neugestaltung der Sargfabrik geht es um das Erfüllen eines starken Bedürfnisses der Kreativindustrie, der für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit des Standorts von zentraler Bedeutung ist: die nachhaltige Entwicklung eines aufstrebenden Stadtteils und die Förderung der Wachstumsbranche Kreativwirtschaft mit internationaler Ausrichtung und nationaler Verankerung.

Doch: Wer die Zukunft gestalten will, muss in der Vergangenheit blättern. In der Entwicklung von Brownfields sollen sorgsam die Schätze der Historie geborgen werden, um das Areal behutsam in seinen nächsten Evolutionsschritt überzuleiten. Bei außergewöhnlichen Bauten, zu denen die Sargfabrik unbestritten zählt, sollten im Einklang mit dem Denkmalschutz so viel Substanz wie möglich erhalten bleiben. Vor allem die charakteristisch funktionelle Aufteilung des Baus soll nachvollziehbar bleiben. Die derzeitige Nutzung der Sargfabrik als Veranstaltungslocation sollte größtenteils erhalten bleiben und mit weiteren Nutzungen ergänzt werden, so etwa Gastronomieflächen, Büros, Werkstätten, Proberäumen etc. In der Transformation der denkmalgeschützten Liegenschaft liegt ein Augenmerk auf der gezielten Förderung, Beteiligung und Mitwirkung des bereits bestehenden, als auch entstehenden Umfelds. Erst die lebendige Vielfalt an möglichen Nutzungen und deren Etablierung garantieren die erfolgreiche Neupositionierung des Architekturjuwels für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen.

Diese Vielfalt bedeutet den Erhalt der Bühne für Kunst und Kultur in unmittelbarer Nachbarschaft zu gewinnorientierten Privatunternehmen, ehrenamtlichen Initiativen, staatlichen Einrichtungen sowie Einzelpersonen. Dieser Mix schafft gegenseitigen Austausch und nährt ein fruchtbares Miteinander. Die Sanierung der denkmalgeschützten Liegenschaft wird in enger Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt und in mehreren Etappen erfolgen. Dabei soll durch die schrittweise Bearbeitung die Kontinuität des funktionierenden Kulturbetriebes gewährleistet werden und die Zusammenarbeit mit dem ansässigen Verein F23 für die Weiterführung der kulturellen Zwischennutzung so lange wie möglich aufrecht bleiben. 

Es gilt, ein neues Bewusstsein zu schaffen: Sowohl für die Ingeniosität, die mit Kulturleistungen einhergeht, als auch für die Notwendigkeit, den Faktor Kreative Arbeit und ihre räumlichen Bedürfnisse neu zu deuten. Wir müssen daher Räume entwickeln in denen durch Kollaboration, ein kumulativer, evolutionärer Verbesserungsprozess gedeihen kann. Eine „Ökologie des Machens“, die durch ständiges Herumprobieren und Basteln von Menschenhand charakterisiert werden kann. Die Produktionslinie der Sargfabrik lebt wieder auf, nur dass nun nicht mehr das Lied vom Tod, sondern die Rhapsody in Liesing-Blue durch die Hallen tönt.

Architekturwettbewerb

In einem Architekturwettbewerb unter dem Jury-Vorsitz von Prof. Wolf D. Prix von Coop Himmelb(l)au setzte sich der Entwurf von Shibukawa Eder Architects durch. Spatenstich erfolgte 2023.

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